Während wir durch die nächtlichen Strassen zu unserem Hotel zurücklaufen, fallen uns die verschiedenen Feuer auf, welche am Strassenrand brennen. Meistens befinden sich diese Feuer vor einem Geschäft und wir können beobachten, dass sich neben diesen Feuern immer auch noch ein kleiner Altar befindet auf welchem diverses Opfergaben wie Geistergeld, Obst, Süssigkeiten und Alkohol bereit liegen. Da auch vor unserem Hotel ein solcher Altar aufgebaut ist, informieren wir uns hier über dieses Ritual. Dabei erfahren wir, dass immer zum Leer- und zum Vollmond diese Opfergaben durch das Feuer übergeben werden. Unsere Kinder sind sehr erfreut, dass sie dem Hotelpersonal dabei helfen können all die Sachen zu verbrennen und bekommen am Ende erst noch die Süssigkeiten, welche als Opfergaben bereitliegen, geschenkt. So sind wir doch gut gerüstet auf unsere baldige Weiterfahrt.
Wir wollen sicher gehen und das Regenwetter definitiv hinter uns lassen, darum entscheiden wir uns bis fast nach Ho Chi Minh City (HCMC) zu fahren. Da es sich dabei um eine Strecke von fast 1’000 km handelt, kaufen wir uns schweren Herzens Billette für den Nachtzug – es kann ja nicht schlimmer werden als unsere letzte Tageszugfahrt in Vietnam. Beim Kauf des Billettes ist uns aber sehr wichtig, dass wir alle im gleichen Abteil unterkommen. Da dies an dem von uns gewünschten Tag nicht möglich ist, entschliessen wir uns noch einen Tag länger in Hue zu bleiben und nehmen auch einen uns nicht so praktisch erscheinenden Zug, der erst gegen 23:00 in Hue abfährt. Aber in diesem Zug wird uns versichert, hat es noch ein freies vierer-Schlafabteil.
Um 22:00 ist es dann soweit. Das vom Hotel bestellte Taxi holt uns ab und bringt uns durch die dunklen, nur von einigen Weihnachtsbeleuchtungen erhellten Strassen von Hue zum Bahnhof.
Die Wartehalle ist bereits gerammelt voll und der Grund dafür ist, dass der Zug nach Hanoi bereits über eine Stunde Verspätung hat, unser Zug soll aber planmässig abfahren. So kommt es, dass unser Zug sogar noch vor dem Zug nach Hanoi am Bahnhof von Hue eintrifft. Wir suchen unseren Wagen und steigen, das schlimmste erwartend in den Wagen ein, in welchem sich unser Abteil befinden soll. Der Wagen ist in einem recht guten Zustand, aber als ich die Türe zum ersten Abteil öffne – schliesslich bin ich davon überzeugt, dass wir mit den Bettnummer 11, 12, 13, 14 das erste Abteil haben – staune ich nicht schlecht, denn in allen vier Betten liegen laut vor sich hinschnarchende Vietnamesen. Ok, ich denke mir, dass wir nicht auf die Abteilnummer sonder auf die Bettnummern achten sollten. Es stellt sich heraus, dass dies wirklich der bessere Weg ist, doch leider stellt sich dabei ebenfalls heraus, dass sich unsere vier reservierten Betten nicht im selben Abteil befinden, sondern auf zwei verschiedene Abteile verteilt sind. Zum Glück steigt hier in Hue ein sehr netter Vietnamese ebenfalls in eines unserer Abteile ein und erklärt sich sofort bereit sein Bett mit einem der unseren im anderen Abteil zu tauschen. Auch die Zugbegleiterin meint, dass es ihr nichts ausmacht wenn wir zu viert in unseren drei sehr engen Betten schlafen. Und so kommt es, dass sich die beiden Frauen ein Bett teilen, während wir Männer den Luxus eines eigenen Bettes geniessen.
Wir haben unsere leicht beengte Nacht zu viert in drei Betten recht gut überstanden. Der vietnamesische Passagier, welcher sich noch in unserem Abteil befindet verlässt sein Bett nur um auf’s WC zu gehen oder sein Smartphone im Gang aufzuladen. Nachdem ich ihm gezeigt habe, dass sich auch in unserem Abteil eine Steckdose befindet, lädt er sein Smartphone im Abteil und liegt in seinem Bett. Erst kurz vor Nha Trang kommt er von seinem Bett hinunter und das auch nur, weil er hier aussteigen muss. Und da nun niemand mehr einsteigt haben wir unser Abteil nun ganz für uns alleine.
Eigentlich fahren wir ja in den Süden von Vietnam, wo zur Zeit Temperaturen von über 30 Grad herrschen sollten. Aber hier in unserem Schlafwagenabeit merkt man davon herzlich wenig, denn die Klimaanlage sorgt für einen steten Zufluss von eisiger Polarluft. Es ist so kalt, dass wir unsere Faserpelz und Windstopper-Jacken anhaben. Nur dank dem Umstand, dass in einem der beiden – nicht sehr wohlriechenden – WC’s in unserem Wagon die Scheibe heruntergelassen ist, merken wir, dass die Temperaturen ausserhalb des Zuges langsam aber stetig am Steigen sind und sich auch das Wetter während unserer Fahrt in den Süden ständig bessert, so dass wir am nächsten Tag gegen Mittag nur noch ein paar Wolken am sonst stahlblauen Himmel sehen.
Die Fahrt führt auch heute über eine Ebene, die im Osten von hohen Bergen und im Westen vom Meer begrenzt und auf der vor allem viel Reis zwischen den Ortschaften angebaut wird. Viele der grossen Felder werden gerade für die nächste Aussaat vorbereiet und so sehen wir wie die Bauern mit ihren Traktoren, Wasserbüffeln oder alleine bis zu den Knieen in den schlammigen Feldern stehen und arbeiten. Aber wir kommen auch an Feldern vorbei, in welchen der Reis bereits in leuchtendem Grün dasteht und in der Sonne leuchtet. Goldene Reisfelder sehen wir nur ein paar wenige und die, die es hat werden gerade geerntet, wobei diese Arbeit meistens mit Reiserntemaschinen – kleine Mähdrescher – gemacht wird, welche wir bereits in Südkorea beobachtet haben.
Nachdem wir unsere gestern in Hue gekauften Sandwiches und all die verschiedenen Früchte gegessen haben ist es bereits wieder Nachmittag und wir fahren mit dem Zug auf ein paar wunderschönen Abschnitten zum Teil direkt am Meer entlang. Mit den grünen Reisfeldern ist es nun aber vorbei, dafür befinden wir uns in einer Art Halbwüste in der wir grosse Pitaya-Farmen (Dragon Fruit) sehen. Ansonsten wird es aber immer trockener, dafür verziehen sich nun auch die letzten Wolken am Himmel und bei unserer Einfahrt in den Bahnhof von Muong Ma scheint die Sonne an einem stahlblauen, wolkenlosen Himmel und es ist sicher gegen 30 Grad warm – es ist einfach herrlich.
Am Bahnhof stehen wir vor der Wahl eines offiziellen Taxi mit Taximeter oder einem inoffiziellen mit Verhandlung. Wir entscheiden uns für das offizielle Taxi und lassen uns zum Ananda Ressort fahren, das ca. 25 km entfernt ist. Die fast 45 Minütige Fahrt ist, wenn man sie vom Beifahrersitz geniessen muss, ziemlich haarsträubend. Wir haben das Gefühl, das hier schneller gefahren wird als im Norden und das man noch weniger Abstand zueinander hält. Aber unser Chauffeur bringt uns ohne Unfall durch den chaotischen Verkehr, zeigt uns auf der Fahrt den malerischen Hafen von Phan Tiet mit seinen farbigen Fischerbooten und lässt uns genau vor dem Ananda Ressort aussteigen.
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