Ein Sonntag im Stadtpark von Ho Chi Minh City
Es herrscht schon ein ohrenbetäubender Lärm als ich aus dem Hotel auf die Strasse trete. Ich laufe weiter zum nahen Stadtpark und dort entdecke ich eine grosse Gruppe Männer, welche im Park sitzen und ihren, in schönen Holzkäfigen, mitgebrachten Singvögel lauschen. Die Käfige hängen direkt über den Köpfen der Männer und es ist kaum zu glauben aber als ich mich genug nahe befinde, verschwindet der Strassenlärm und macht dem Gesang dieser kleinen – aus meiner Sicht armen – Kreaturen Platz. Es ist eine richtige Wohltag für meine Ohren diesem Gezwitscher lauschen zu können. Ab und zu kann ich beobachten wie einer der Männer aufsteht, zu einem Käfig läuft und diesen umhängt. Wieso er das macht weiss ich nicht aber man muss ja auch nicht alles verstehen und den Vögeln scheint es zu gefallen, denn sie zwitschern munter weiter.
Wir laufen weiter durch den Park und sehen Vietnamesen, die über einen der Gehwege kurzerhand ein Netz gespannt haben und nun eine Partie Badminton spielen. Sie haben sogar zwei richtige Fangruppen, die es sich auf zwei Steinbänken links und rechts vom Netz bequem gemacht haben und die anderen vier anfeuern. Dann rennen viele Jogger kreuz und quer über die verschlungenen Wege, andere Gruppen musizieren oder lernen ein Instrument zusammen und überall im Park verteilt sehe ich Pfadfindergruppen und Kindergartenkinder, die jeweis unter sich irgendwelche Gruppenspiele spielen. Wir können es fast nicht glauben aber überall wuseln kleine und grosse Vietnamesen in diesem Park herum, welche in knallrote Samichlauskutten gekleidet sind. Bei den Kleinen handelt es sich um Kinder, die einfach so herumlaufen aber bei den grösseren Samichläusen sieht es so aus, als ob diese von Gruppe zu Gruppe im Park laufen, ihnen etwas aus dem Sack geben und natürlich für ein Foto hinhalten. Es herrscht eine völlig friedliche Stimmung in diesem Park und es macht grossen Spass einfach ein wenig zwischen all den zufriedenen Menschen herumzulaufen und unseren letzten ganzen Tag in Asien zu geniessen.
Ho Chi Minh City – Saigon – Mein Besuch im Vietnamkriegsmuseum
Saigon – der alte Name von Ho Chi Minh City löst bei den meisten Menschen Erinnerungen an den Vietnamkrieg aus. Wir hatten eigentlich gedacht, dass der Name der Stadt aus diesem Grund auch auf Ho Chi Minh City genändert wurde, aber zu unserem erstaunen verwenden die Vietnamesen noch immer beide Namen für diese Stadt ohne dabei an den Vietnamkrieg zu denken. Von einigen Reisenden und auch anhand der Beschreibungen aus unseren Reiseführern haben wir uns entschieden, dass wir unseren Kindern dieses Museum nicht zeigen und so mache ich mich am Morgen früh alleine auf den Weg dorthin.
Beim Vietnam-Kriegsmuseum angekommen, herrscht zu dieser frühen Stunde eine friedliche Ruhe. Das Museum öffnet jeweils um 07:30 seine Tore und da es erst 07:45 ist, bin ich fast der einzige Besucher. Ich schaue mir nur kurz die diversen, zum grossen Teil von den Amerikanern stammenden und während dem Vietnamkrieg eroberten Helikopter und Bomber an. Diese sind wieder auf Hochglanz poliert und aus den meist offenen Fenstern ragen grosse Läufe von Maschinengewehren hinaus.
Ich wende mich dem Nachbau eines von den Süd-Vietnamesen betriebenen Geängnis für politische Gefangene zu, welches auf der, in der Zwischenzeit zu einer beliebten Ferieninsel umfunktionierten, Insel Phu Quoc von den Franzosen gebaut und bis zum Ende des Vietnamkrieges 1975 von der Süd-Vietnamesischen Regierung betrieben wurde. Es war aber nur eines von dutzenden von Gefängnissen in Süd-Vietnam, welches ausschliesslich für die Inhaftierung und Folterung der eigenen, “andersdenkenden” Bevölkerung eingesetzt wurde. Das Model zeigt sehr eindrücklich wie die Gefangenen systematisch gefoltert, wie Tiere in kleinsten Zellen gehalten oder in mit Stacheldraht umgebenen kleinen Menschenkäfigen, in denen man dem Wetter gnadenlos ausgesetzt war, so lange einsperrte, bis sie entweder tod waren oder das Geständnis abgegeben hatten, welches man von ihnen erwartet hatte. Das dieses Gefängnis mit Unterstützung der westlichen Welt erstellt wurde, merkt man nicht nur an den ausgestellten Photos, auf denen viele politische Prominenz vor allem aus Frankreich und den USA abgebildet sind, sondern auch daran, dass das meist eingesetzte Tötungsintrument dieses Gefängnisses die Guiotine war.
Ich setzte meinen Rundgang im Hauptgebäude fort und gehe zuerst in den, aus meiner Sicht, eindrücklichsten Teil des gesamten Museums – einer Zusammenstellung von hunderten von Fotografien, welche von zwei amerikanischen Kriegsveteranen nach ihrer Verwundung im Vietnamkrieg ins Leben gerufen wurde. Es ist eine Zusammenstellung die unter die Haut geht. Hier hängen die Bilder von verschiedenen Kriegsberichtserstattern, Geheimagenten (beider Seiten), von Soldaten (beider Seiten) und auch aus den diversen Archiven der am Krieg beteiligten Staaten nebeneinander und zeigen den Schrecken dieses Krieges auf eine sehr direkte Art und nicht nur aus dem Blickwinkel einer Seite sondern so wie es die unterschiedlichsten Menschen wahr genommen haben.
War die Welt von ein paar Jahre schockiert, dass Soldaten im Irakkrieg sich mit ihren Opfern photografieren liessen und die Fotos im Internet veröffentlichten, kann man hier sehen, dass es genau dies bereits im Vietnamkrieg in sehr grossen Stil gegeben hat. Nur wurden diese Photos anschliessend von den Regierungen unter Verschluss gehalten, gelangten nicht an die Öffentlichkeit und somit auch nicht in das öffentliche Bewusstsein. Die ausgestellten Photos auf denn GI’s oder Süd-Vietnamesische Soldaten zu sehen sind, die die frisch abgeschlagenen Köpfe ihrer Feinde in den Händen haltend und mit einem lächeln in die Kamera schauen oder die vor ihren, mit den Köpfen der Gegner geschmückten, Zelten sitzen und lächelnd eine Zigarette rauchen oder Soldaten welche sich mit den zerfetzten Teilen ihrer Feinde photografieren lassen, zeigen eine für uns unvorstellbare Welt für die es keine Erklärung gibt. Bei einigen Fotos, die meist von Kriegsberichtserstattern stammen sind auch kurze Erklärungen zu den Bildern geschrieben, so etwa ein Bild auf dem man eine Gruppe verängstigter Frauen und Kinder sieht, die dicht gedreängt und mit panischer Angst in den Augen in die Kamera blicken. Der Reporter schrieb, dass er gesehen hatte wie GI’s ihre Waffen in einem Dorf auf diese unbewaffnete Gruppe von Menschen gerichtet hatten. In einem Versuch etwas zu machen und Zeit zu gewinnen hat er den Soldaten zugerufen, dass er Fotos von den Menschen machen will, doch schon nach diesem einen Photo hätte man ihn weggejagt und während er fortgelaufen sei hätte er hinter sich nur noch die Maschinengewehre rattern gehört.
Aber es werden nicht nur Photos von Horrortaten einzelner Menschen gezeigt, sondern es werden auch Beweise geliefer, dass hier von ganz oben befohlen wurde einen menschenverachtenden Krieg zu führen. Fotos auf welchen zu sehen ist wie noch lebende Gefangene aus hoch fliegenden Helikopter geworfen werden, Truppen welche mit mobilen Gaskammern unterwegs sind um ganze Landstriche zu “säubern” und viele offizielle Fotos auf denen Soldaten aller Parteien zu sehen sind wie sie ihre Gegner auf’s gröbste Foltern.
Diese Fotoausstlellung ist brutal aber ich glaube es gibt keinen anderen Weg um nachfolgenden Generationen aufzuzeigen was hier geschehen ist um alles daran zu setzen, dass wir in Zukunft solche Konflikte verhindern können.
Die anderen Abteilungen des Museums sind aus meiner Sicht sehr propagandistisch. Die aktuelle Regierung stellt sich sehr positiv dar und geht aus meiner Sicht an manchen Stellen zu weit. Besondern in der Ausstellung über die Auswirkungen von Agent Orange sind für mich die Grenzen bei ettlichen Exponaten überschritten. So zum Beispiel wenn menschliche Phöten, welche aufgrund von Auswirkungen durch Agent Orange bereits während der Schwangerschaft gestorben sind, in einer Nährlösung umherschwimmen. Auch die erschreckenden Photos von im höchsten Grad verstümmelten Menschen durch direkte Auswirkungen von Napalm und den Langzeitfolgen durch Agent Orange sind einfach zu krass und vor allem fehlen jegliche Erläuterungen dazu.
Gerade als ich das Museum verlassen will kommt ein Vietnamese mit Armstumpfen auf mich zu. Sehr freundlich fragt er mich von wo ich komme, wie ich heisse etc. Natürlich gebe ich freundlich Auskunft, doch als der Mann mich plötzlich in eine Richtung zieht und meint, dass er als Kriegsveteran mir nun das Museum zeigt gefällt mir die Sache überhaupt nicht mehr. Ich sage ihm freundlich, dass ich das nicht machen werde. Nun ist er schon nicht mehr so freundlich und meint, dann müsse ich ihm aber ein wenig Geld geben, denn er sei schliesslich ein Kriegsverwundeter. Nun reisst mir aber der Geduldsfaden. Ich löse mich von seiner Umklammerung sage ihm, dass ich das nicht tun werde und mache mich auf den Weg zum Ausgang. Nun ist die gesamte Freundlichkeit aus seinen Augen verschwunden. Er schaut mich ganz böse an, dreht sich um und geht zielstrebig auf die Suche nach seinem nächsten “Opfer”. Dieses Begegnung macht mir ziemlich zu schaffen. Wir haben die Vietnamesen einfach anders erlebt und haben uns im Gegenteil oft gefragt, wieso dieses Volk, dass so viel Leid ertragen musste, fähig ist Menschen aus der ganzen Welt und sogar aus den Ländern die einen grossen Teil zu dem Leid beigetragen haben bei sich willkommen zu heissen. Ich bin mir bewusst, dass es überall diese Menschen gibt, die aus dem Leid der anderen Geld für sich machen wollen aber auf diese Begegnung mit diesem Typen hätte ich gerne verzichtet.
Hallo Gert
Ich denke es hilft nichts all die Bilder des Krieg so zu präsentieren um andere davon abzuhalten dies nicht zu wiederholen. Die Geschichte dieser Erde und seiner darauf lebenden Menscheit zeigt uns allen immer wieder und das ja inzwischen täglich, wir haben diesbezüglich nichts aus er vergangenheit gelernt.
Das ist sehr traurig, doch leider nicht zu ändern.
Gruss Roland
Cool mit den Singvögel – eine gute Idee…