Während Silvia ihre Ferien bei Gotti, Götti und den Grosseltern geniesst, geniessen wir die ersten richtigen Sonnentage zu dritt. Eigentlich hatten wir ja geplant mit dem Zug nach Grindelwald zu fahren, doch da wir erst am Abend vorher merken, dass wir ein Klettersteigset zu wenig haben, müssen unsere Pläne kurzerhand genändert werden. Als Verkehrsmittel wählen wir nun das Auto und nutzen dessen Flexibilität um etwas länger auszuschlafen und auf dem Weg nach Grindelwald auch noch im Bächli Sport in Thun vorbeizufahren um dort das noch fehlende Klettersteigset zu erstehen.
Etwa um halb elf stehen wir vor dem Billetschalter der Jungfrau Bahnen in Grindelwald Grund und müssen schon hier fast 20 Minunten warten bis wir zu unseren Billeten kommen. Es hat zwar nur sehr wenige Leute vor uns, doch bei allen handelt es sich um ausländische Gruppenchefs und – cheffinen, welche wahre Berge von Tickets und noch viel mehr Werbematerial von den Bahnangestellten bekommen. Wir schaffen es und sitzen kurz vor der Abfahrt im Zug auf die Kleine Scheidegg. Dort oben ist der Alptraum “Massentourismus Schweiz” aber noch nicht überstanden. Wie die Tiere, die zur Schlachtbank geführt werden fühlen wir uns. Es gibt die violetten, die grünen und die gelben Abschrankungen. Alle sind für eine bestimmte Art von Reisenden. Wir gehören zu den gelben. Das bedeutet aber, dass wir weder zu einer Reisegruppe noch zu den Privilegierten gehören, welche über eine Reservation verfügen. Darum fährt dann auch der Zug, mit welchem wir zum Eigergletscher hinauf fahren wollten ohne uns ab. Denn zuerst kommen die violetten, dann die grünen und ganz am Schluss – falls es dann noch Platz hat – die gelben – selber Schuld wenn man nicht mehr bezahlt soll man doch schauen wo man bleibt.
Nachdem Gert sich über diese Zustände beim Bahnhofsvorstand beschwert hat, bekommen wir wenigstens unser Billet von der Kleinen Scheidegg zum Eigergletscher zurückerstattet. Nun müssen wir zwar laufen, doch dafür haben wir den Frieden, denn kaum sind wir ein paar Meter fort vom Bahnhof, herrscht Stille und wir sind mit den vielen blühenden Alpenblumen alleine in der herrlichen Bergwelt von Grindelwald. Schon bald erreichen wir den Einstieg zum Rotstock Klettersteig, während wir uns stärken und die Klettergsteiggstältli anziehen, können wir zwei Gleitschirmlern beim starten zuschauen.
Über die ersten Leitern geht es senkrecht über den ersten Felsriegel, bevor wir anschliessend gemütlich und weniger ausgesetzt durch die steile Felsenschlucht hinauf zum Rotstock Gipfel kämpfen. Nach nur etwas mehr als einer Stunde stehen wir bereits auf dem ausgesetzten Felsgipfel, gratulieren Rico zu seinem ersten Klettersteig und geniessen die herrliche Aussicht.
Der Rückweg führt uns unter dem impossanten Hängegletscher des Eiger steil hinab zum Bahnhof Eigergletscher wo, genau in dem Moment als wir ankommen auch ein Zug vom Jungfraujoch eintrifft. Diese chance lassen wir uns nicht entgehen und springen in den Zug – das hier kein Kondukteur kommt bis wir auf der Kleinen Scheidegg eintreffen sehen wir als ausgleichende Gerechtigkeit für den am Morgen erlebten Unbil…;-)
Bevor es wieder nach Hause geht geniessen wir erst noch feine Glace auf einer Restaurantterasse mit einem wunderschönen Blick auf die bereits wieder mit Wolken verhangene Eigernordwand.
Gratulation, lieber Rico! So wie du dich auf dem Gipfel gefühlt hast, fühlten sich wohl auch die ersten Jungfrau-Besteiger!
Mit möglichst grösster Vorsicht: weiter so. Liebe Grüsse: Groma + Gropa.