Das Wetter lässt ja einigen Spielraum für die Freizeitplanung. Darum sind wir etwas überrumpelt, als am Donnerstagmittag die frisch verschneiten Niesen, Blüemlisalp und Co. vor einem wunderschönen, tiefblauen Himmel erstrahlen.
Unsere Kinder haben das Leuchten unserer Augen korrekt gedeutet und bringen sich schon in Verteidigungsstellung – auf gut Deutsch, unser Plan ein paar Stunden in der freien Natur zu verbringen trifft nicht auf einen sehr fruchtbaren Boden….
Nach ein paar Diskussionen ist die Situation für den heutigen Ausflug abgeschlossen – Silvia ist zu müde und bleibt zu Hause um sich so für unserer morgigen Wandertag mental vorzubereiten können. Rico entscheidet sich für den heutigen Ausflug und beteiligt sich anschliessend aktiv an der Routenplanung.
Was wir zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst hatten war, dass unser Ziel bereits vor einigen hundert Jahren einen grossen Anziehungspunkt im Simmental darstellte und dies nicht nur lokal sondern bis hinaus in die zentren der damaligen Zivilisation…;-)
Wo einst Europas Adel zu Gast war und kurte
Oberhalb von Weissenburg im Simmental entspringt eine Thermalquelle. Während 350 Jahren wurde die Weissenburger Mineralquelle zu Bad- und Heilzwecken benutzt. Als 1936 die holländische Königin Wilhelmine mit ihrer Tochter dort zur Kur weilte und sich Prinzessin Juliana während des Aufenthalts mit Prinz Bernhard verlobte, zog das Gäste aus aller Welt an.
Der Rat von Bern verfügte im Jahre 1602 die Fassung der Thermalquelle und liess das Hintere Weissenburgbad mit Badehaus bauen. Um dem Andrang der Heilungssuchenden gerecht zu werden, wurde 1849 das Vordere Bad- und Kurhaus – Grand Hotel Weissenburgbad – eröffnet. Das Weissenburgbad wurde zum Treffpunkt des Hochadels und war europaweit bekannt. Der erste Weltkrieg setzte dem florierenden Badbetrieb ein vorläufiges Ende. Nach dem Krieg waren die Badegäste micht mehr so zahlreich. 1925 wurde das Hintere Bad abgebrochen. Nach dem 2. Weltkrieg verlor auch das Grand Hotel Weissenburgbad an Bedeutung. Es wurde in den 1960er Jahren endgültig geschlossen.
Sanierung der Ruinen Hinteres Bad und Kapelle im 2014 & 2015
In den letzten knapp 100 Jahren, setzten Bewuchs und Vandalismus den
Ruinen stark zu und liessen die Baustrukturen fast vollständig
verschwinden. Unter der Gesamtleitung des Vereins Bad und Thermalquelle
Weissenburg, einem Sanierungskonzept und der wissenschaftlichen Leitung
des Archäologischen Dienst des Kantons Bern, wurde restauriert. Nach
Abschluss der Sanierungsarbeiten sind die Gebäudegrundrisse im Gelände
wieder deutlich abzulesen. Zusammen mit den erhaltenen historischen
Ansichten und Bildern vermitteln sie eine Vorstellung von den Bade- und
Hotelgebäuden des ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
Ein Besuch des Weissenburg Bad ist für alle Geschichts- und Tourismusgeschichte, Architektur- und Archäologie-Interessierten sehr spannend.
Weissenburger Mineralwasser
Um 1930 hatte der junge Ingenieur Hans Widmer die Idee, das Wasser der
Thermalquelle als Getränk in Flaschen abzufüllen. Er gründete 1935 die
Weissenburg-Mineralthermen AG und nahm mit einigen Mitarbeitern und
einfachen Hilfsmitteln den Produktionsbetrieb in einem Kellerraum des
Kurhauses auf. Der Anfang war schwierig, nicht zuletzt wegen der grossen
Konkurrenz. Erstmals in der Schweiz wurde Mineralwasser mit Zitronen-
und Orangengeschmack auf den Markt gebracht – mit Erfolg. Als die
holländische Königin sich Mineralwasser aus Weissenburg liefern liess,
weil ihr Arzt ihr zu einer Trinkkur geraten hatte, war dies ein
wirkungsvoller Werbeeffekt.
1985 wurde die Weissenburg-Mineralthermen AG und die Brauerei Feldschlösschen zusammengeschlossen. Verschiedene Faktoren, wie z.B. die Notwendigkeit enormer Investitionen zur Einhaltung der Mineralwasserqualität, führten jedoch zur Schliessung des Betriebs.
Weissenburger Thermalwasser können Sie aber noch heute trinken. Bei der Bahnhaltestelle Weissenburg läuft das heilkräftige Weissenburger Wasser aus dem Brünneli. Füllen Sie Ihre mitgebrachten Flaschen mit dem Wasser und geniessen Sie es zu Hause.